Behaglichkeit
Der Begriff "Behaglichkeit" wird im Allgemeinen als subjektives Empfinden verstanden. Neben psychischen und emotionalen Aspekten spielen auch physikalische Einflüsse eine entscheidende Rolle. Deren Auswirkungen auf unser Wohlbefinden sind direkt messbar. Unter diesen physikalischen Einflüssen nimmt z. B. die Raumluft einen besonderen Stellenwert ein. Die Luftbewegung, Raumluftqualität, Raumlufttemperatur und die relative Luftfeuchtigkeit in einem Raum sind nur einige Faktoren, die das Wohlbefinden und Zufriedenheit eines Menschen erheblich beeinflusst. Eine zu kalte oder zu trockene Raumluft oder eine geringe Zugluft kann schon als unangenehm empfunden werden und unser Wohlbefinden negativ beeinflussen. Unsere Sinne reagieren sensibel auf diese Bedingungen und spielen daher eine wichtige Rolle für unser allgemeines Wohlbefinden. Um die Unbehaglichkeit zu minimieren, ist es deshalb wichtig, während des Planungsprozesses alle relevanten Faktoren zu berücksichtigen, um ein angenehmes Raumklima zu gewährleisten.
Berücksichtigung der Behaglichkeit bei der Planung von Gebäuden
Die Planung von Gebäuden berücksichtigt verschiedene Einflussfaktoren, wie z.B die Raumtemperatur, Oberflächentemperatur der Wände oder die Temperatur oder Feuchte in der Luft und erfolgt über diverse Planungs-Disziplinen. Im Folgenden sind einige dieser Disziplinen exemplarisch aufgeführt:
Strahlungstemperatur: TGA-Planung (Heizungs-, Klimatechnik)
Oberflächentemperaturen: TGA-Planung (Heizungs-, Klimatechnik), Bauphysik (Wärmeschutz)
Strömungsgeschwindigkeit und -form: TGA-Planung (Lüftungstechnik)
Luftfeuchtigkeit: TGA-Planung (Lüftungstechnik)
Farbspektrum: TGA-Planung (Elektrotechnik)
Blendung: Architektur, TGA-Planung (Elektrotechnik)
Reflexion: Architektur
Frequenzbereich: Bauphysik (Schallschutz), TGA-Planung, Architektur
Klimatische Faktoren in der Gebäudetechnikplanung für Behaglichkeit
Die klimatischen Faktoren werden in verschiedenen Normen und sogar in Gesetzen behandelt und stellen die Grundlage und das Hauptziel für die Planung der Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik dar. Dabei muss immer eine Abwägung zwischen den Auswirkungen auf die Energieeffizienz und dem finanziellen Aufwand erfolgen. Für die Bewertung der Faktoren erfolgt in der DIN EN ISO 7730 eine konkrete Definition der bewertbaren Behaglichkeit, die alle klimatischen Faktoren auf das Wärmeempfinden bezieht. Dazu werden die folgenden zwei Kenngrößen definiert:
Der Predicted Mean Vote (PMV) ist ein Index zur Bewertung des Raumklimas. Die dazugehörigen Gleichungen kalkulieren das thermische Gleichgewicht (Wärmebilanz) des Körpers einer Person unter Berücksichtigung von Tätigkeit, Bekleidung, Lufttemperatur, mittlerer Strahlungstemperatur, Luftgeschwindigkeit und Luftfeuchtigkeit. Er sagt voraus, wie eine große Gruppe das Raumklima auf einer Skala von -3 (kalt) bis +3 (warm) empfinden wird. Mit dem PMV können Abweichungen vom optimalen Raumklima bewertet und der Predicted Percentage of Dissatisfied (PPD) ermittelt werden. Dieser Wert gibt an, wie viele Personen mit den Bedingungen unzufrieden sind. Diese Bewertungen können auch bei der Gebäudeplanung verwendet werden, um die optimalen Raumparameter zu bestimmen und die Heizungs- und Lüftungsanlagen entsprechend zu dimensionieren. Dieses kann anhand der folgenden „Klimabeurteilungsskala“ eingeordnet werden:
PMV | |
---|---|
+3 | Heiß |
+2 | Warm |
+1 | Etwas warm |
0 | Neutral |
-1 | Etwas kühl |
-2 | Kühl |
-3 | Kalt |
Der Predicted Percentage of Dissatisfied (PPD) wird verwendet, um die Unzufriedenheit mit dem Raumklima zu messen. Er wird auf der Grundlage des Predicted Mean Vote (PMV) berechnet und gibt den Prozentsatz der Personen an, die mit dem Raumklima unzufrieden sind.
Es ist wichtig zu beachten, dass der berechnete Wert des PPD nie unter 5 % fällt. Dies liegt daran, dass auch in einem nach PPD als neutral oder angenehm eingestuften Raumklima immer noch eine gewisse Anzahl von Personen unzufrieden ist. Diese 5 % stellen somit eine statistische Untergrenze für die Unzufriedenheit dar, die bei großen Personengruppen unvermeidlich ist.
Komfortbeschreibung mit PMV und PPD
Die empirische Funktion PPD(PMV) zur Bestimmung des vorausgesagten Prozentsatzes an Unzufriedenen basiert auf Experimenten mit 1.300 Personen.
Bewertung der lokalen thermischen Behaglichkeit
Weiterhin kann auch die lokale thermische Behaglichkeit bewertet werden. Lokal meint hier, dass einzelne Körperteile oder -regionen anderen thermischen Konditionen ausgesetzt sind als der Rest des Körpers. So kann z.B. eine Differenz der Temperatur zwischen Kopf und Fuß zu Unbehaglichkeitsempfinden führen. Um für die verschiedenen Einflussfaktoren auf die thermische Behaglichkeit Planungsgrundlagen zu definieren hier einige beispielhafte Vorgaben und Quellen (Stand Dezember 2023):
Dimension | Beispiel | Quelle |
---|---|---|
Raumtemperatur | Bad 24°C, Wohnräume 20°C | DIN EN 12831 |
Relative Luftfeuchtigkeit | 30 - 60% | Standardbereich in HX-Diagrammen |
Strömungsgeschwindigkeit | 0,2 m/s bei 20°C und 5% Turbulenzgrad | DIN 16798-1 |
Oberflächentemperatur | Fußboden Oberflächentemperatur <= 29°C (Randzone: <= 35°C) | DIN EN 1264-2 |
Beeinflusst Raumnutzung die Behaglichkeit?
Den größten Einfluss auf die empfundene Behaglichkeit hat jedoch die Nutzung eines Raumes. So wird ein Raum, der als Wohnzimmer geplant ist, kaum als behaglich empfunden werden, wenn er als Großküche genutzt wird. Einen großen Einfluss hat auch der Grad der Aktivität der Personen, die sich in einem Raum aufhalten. So wird eine Sporttreibende Person kühlere Räume eher bevorzugen als eine Person, die einen mehrstündigen Film mit Popcorn genießt. Es ist daher notwendig, ein sauberes Raumbuch oder Nutzungskonzept zu erstellen, bevor Behaglichkeitskriterien und deren Erfüllung als Randbedingung für die Planung berücksichtigt werden können.
Diese in überspitzten Beispielen selbstverständlich klingende Anforderung an die Gebäudekonzeption führt erfahrungsgemäß im Planungsprozess regelmäßig zu Änderungen und Mehraufwand für alle Beteiligten und damit zu Mehrkosten des Bauherrn. Auch Änderungen in der Nutzung eines Gebäudes sollten - soweit erforderlich - planerisch begleitet werden, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden.